Schottlands „Hassrede-Gesetz“ löst weltweite Empörung aus

Ein neues schottisches Gesetz, das das „Anstiften“ zu Hass gegen bestimmte Gruppen unter Strafe stellt, hat eine Debatte weit über die Grenzen des Landes hinaus ausgelöst. Menschenrechtsaktivisten, die das Gesetz für notwendig halten, stehen einer steigenden Flut von Belästigungen und Gewalt gegen konservative Prominente und Politiker gegenüber, die sagen, das Gesetz bedrohe die freie Meinungsäußerung. Das letzte Woche in Kraft getretene schottische Gesetz macht das Anstiften zu Hass aufgrund von Rasse, Religion, Transgender-Identität, sexueller Orientierung, Alter oder Behinderung zu einer strafbaren Handlung. „Wenn … die Absicht besteht, Hass aufgrund der Zugehörigkeit zu dieser Gruppe zu schüren, dann ist das eine Straftat“, sagte Nick McKerrell, Dozent für Rechtswissenschaften an der Glasgow Caledonian University, am Montag in einem Telefoninterview. In Schottland verzeichneten Staatsanwälte im Jahr 2022-23 1.884 Anklagen wegen Hassverbrechen im Zusammenhang mit der sexuellen Identität – das ist der achte Anstieg in Folge gegenüber dem Vorjahr – sowie 55 Anklagen im Zusammenhang mit der Transgender-Identität. Menschenrechtsgruppen sagen, die Änderung sei eine dringend notwendige Ausweitung des Schutzes gegen Hassverbrechen, die zum ersten Mal in einem einzigen Gesetz zusammengefasst wird. Die Gegner – darunter Harry Potter-Autorin JK Rowling – sind besorgt, dass der Schutz so weit gefasst sei, dass er die freie Meinungsäuß…  erung unfair kriminalisieren könnte. (Kritiker haben auch argumentiert, dass Frauen ebenfalls als geschützte Kategorie aufgeführt werden sollten; die schottische Regierung beabsichtigt, dies durch ein separates Gesetz zu tun.) Die Aufregung unterstreicht die polarisierende Wirkung der Versuche von Gesetzgebern auf der ganzen Welt, ein Gleichgewicht zu finden. Die Gegenreaktion auf das Gesetz war so heftig, dass sie Berichten zufolge rechtsextreme Agitatoren dazu veranlasste, die Polizei aus Protest mit Kriminalitätsberichten zu überfluten, um sie zu überwältigen. Rechtsexperten und die schottische Regierung sagen, die Schwelle für Kriminalität sei hoch genug, um eine Unterdrückung der Debatte zu verhindern, und weisen darauf hin, dass das Gesetz nicht dazu verwendet werden könne, Witze oder Ansichten zu zensieren, die beleidigend oder schockierend seien. „Der Maßstab ist, dass es für jemanden bedrohlich oder beleidigend sein muss oder dass es bei ihm Angst oder Alarm auslösen muss“, sagte McKerrell. „Das ist eine sehr hohe Hürde.“ In einer Reihe von Social-Media-Posts, in denen Transfrauen falsch geschlechtlich bezeichnet und ihr Aussehen verspottet wurden, schrieb Rowling – die in Schottland lebt –, dass „die Meinungs- und Glaubensfreiheit zu Ende ist … wenn die genaue Beschreibung des biologischen Geschlechts als kriminell gilt“, und forderte die schottische Polizei auf, sie zu verhaften, „wenn das, was ich hier geschrieben habe, als Straftat gilt“. Rowlings Äußerungen letzte Woche zogen die Kritik von Menschenrechtsgruppen auf sich – Stonewall, Großbritanniens größte LGBTQ-Wohltätigkeitsorganisation, sagte, sie „verharmlosen die sehr reale Gewalt, die gegen uns verübt wird“. Die schottische Polizei sagte, Rowlings Kommentare seien „nicht als kriminell eingestuft worden und es werden keine weiteren Maßnahmen ergriffen“, berichtete Associated Press. Schottlands Regierungschef Humza Yousaf sagte der BBC, die neu geschaffenen Straftatbestände „haben eine sehr hohe Schwelle für Kriminalität“. „JK Rowlings Tweets mögen für Transmenschen durchaus anstößig, verstörend und beleidigend sein“, sagte Yousaf, „aber das bedeutet nicht, dass sie die Schwelle für Kriminalität erreichen, indem sie bedrohlich oder beleidigend sind und Hass schüren wollen.“ Außerhalb Großbritanniens gehörten Elon Musk und Joe Rogan zu den prominenten Persönlichkeiten, die das Gesetz kritisierten. In einer Folge seines Podcasts im letzten Monat bezeichnete Rogan das neue Gesetz als „lächerlich“ und behauptete fälschlicherweise, es ermächtige die schottische Polizei, gezielt gegen Komiker vorzugehen.